Nina Franz

Beratung mit Fokus auf Medienkonsum und Autorin des Buches: „Computerspiele – keine Mauer, sondern eine Brücke zu einer besseren Beziehung“.

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Digitale Medien & Kinder: Tipps für Eltern von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Nina Franz

Digitale Medien sind fester Bestandteil im Alltag von Kindern und Jugendlichen – doch wie gelingt ein gesunder Umgang damit? Eine erfahrene Psychotherapeutin teilt ihre Beobachtungen aus der Praxis und gibt wertvolle Tipps für Eltern. Erfahren Sie, warum klare Kommunikation bei Medienzeiten entscheidend ist, wie man eine Balance zwischen Schutz und digitaler Selbstbestimmung findet und welche Rolle Jugendschutz-Apps tatsächlich spielen. Zudem gibt es praxisnahe Ratschläge, um Kinder vor problematischen Inhalten zu schützen und Mediensucht vorzubeugen. Ein unverzichtbarer Leitfaden für alle Eltern, die ihre Kinder sicher durch die digitale Welt begleiten möchten.

In deinem Alltag als Psychotherapeutin begleitest du Eltern und Kinder in Beratungen und Workshops. Welche Herausforderungen begegnen dir besonders häufig im Umgang mit digitalen Medien und Smartphones? Und gibt es Aha-Momente, die Kinder oder Eltern erleben, die ihre Sicht auf die digitale Welt grundlegend verändern?

Natürlich ist jede Beratung sehr individuell. Die größte Herausforderung, die mir die Kinder/ Jugendlichen und Eltern jedoch immer wieder beschreiben ist die Kommunikation untereinander. Oft werden bei der Vereinbarung von Medienzeiten Wörter wie „weniger“ oder „bald“ verwendet. Dabei haben die Eltern dann oft eine ganz andere Vorstellung davon was sie darunter verstehen als die Kinder und Jugendlichen. Ich bekomme in den Beratungen und Workshops immer wieder das Gefühl, dass der Großteil der Konflikte auf Missverständnisse und eine solche wage Kommunikation zurückzuführen ist. Wir schreiben in den Beratungen deswegen viele gemeinsame „Definitionen“, was die Beteiligten genau unter ihren Aussagen verstehen. Da durfte ich schon Zeuge von vielen Aha-Momenten auf beiden Seiten werden.

Eltern stehen oft vor dem Dilemma: Sie wollen ihre Kinder schützen, aber gleichzeitig nicht alles kontrollieren. Wie kann man eine gute Balance zwischen Schutz und digitaler Selbstbestimmung finden? Hast du konkrete Tipps, wie Eltern ihre Kinder dabei begleiten können?

Das ist auf jeden Fall ein schwieriger Balanceakt. Als Eltern wird man gezwungenermaßen irgendwann zu der Erkenntnis kommen, dass man seine Kinder nicht vor allem schützen kann was das Internet bietet. Denn nur weil sie volljährig werden und aus dem gemeinsamen Zuhause ausziehen hören sie nicht auf das Internet zu nutzen. Wichtig ist also den Kindern und Jugendlichen eine gute Medienkompetenz mitzugeben. Das geht meiner Meinung nach am besten, in dem man früh anfängt Medien und das Internet gemeinsam zu erkunden und sich ganz offen über die Gefahren unterhält. Es können dann immer wieder „Experimente“ gemacht werden, bei denen die Kinder für einen festgelegten Zeitraum mehr Freiheiten bekommen und man dann gemeinsam reflektiert wie das funktioniert hat. So können Regeln und Vereinbarungen immer wieder gelockert und angepasst werden. Wichtig ist jedoch auch später bei den Jugendlichen ein offenes Ohr zu haben und sich als Gesprächspartner anzubieten, der in dem Moment nur zuhört und nicht ein Elternteil ist, der erzieht und ermahnt. Jeder wird irgendwann über unheimliche Dinge im Internet stolpern. Wichtig ist aber, dass die Eltern da sind, um die Kinder und Jugendlichen aufzufangen und ihnen dabei zu helfen das Erfahrene einzuordnen. 
Konkrete Tipps sind medienübergreifend schwer zu geben. Die Eltern in meinen Beratungen beginnen meist mit einem möglichst leeren Handy/ Tablet, das zum Beispiel nicht mit dem Internet verbunden ist. Gemeinsam mit dem Kind kann dann eine App, bzw. Zugang nach dem anderen aufgebaut werden. 

Viele Eltern setzen auf technische Lösungen wie Kinder- und Jugendschutz-Apps, um ihre Kinder online zu schützen. Wo siehst du die größten Chancen, aber auch die Grenzen solcher Apps? Und welche Rolle spielen sie in der Medienerziehung insgesamt?

Besonders bei jüngeren Kindern sehe ich in solchen Apps einen großen Nutzen. Man kann im Internet sehr schnell „falsch abbiegen“ und befindet sich plötzlich in einem Bereich, der Angst macht und überfordert. Solche Apps sind meiner Meinung nach jedoch trotzdem „nur“ Werkzeuge, die im Aufbau der Medienkompetenz eingesetzt werden können und ersetzen nicht die gemeinsame Beschäftigung mit Medien und dem Internet. 

Kinder kommen oft früher als erwartet mit problematischen Inhalten in Berührung – sei es durch verstörende Videos, Fake News oder fragwürdige Online-Challenges. Wie können Eltern darauf reagieren, ohne Panik zu verbreiten? Und wie kann man Kinder langfristig stärken, damit sie solche Inhalte selbst kritisch hinterfragen?

Was meiner Meinung nach immer am Anfang eines solchen Gesprächs stehen sollte ist die Frage an das Kind wie die Inhalte auf ihn gewirkt haben. Daraus kann sich dann ein Gespräch über diese entwickeln, bei dem man als Eltern auch die Gefahren sehr deutlich herausheben kann und sollte. Wichtig ist dabei, dass die Kinder und Jugendlichen nicht das Gefühl bekommen, dass sie etwas falsch gemacht haben, wenn sie die Inhalte aus Versehen aufgerufen haben oder ihnen diese zugeschickt/ gezeigt wurden. Sobald sie das Gefühl haben Ärger dafür zu bekommen werden die meisten nicht mehr von solchen Erlebnissen berichten. 
Durch solche gemeinsamen Gespräche entwickeln Kinder und Jugendliche selbst ein Gefühl dafür welche Inhalte ihnen nicht guttun, Inhalte und Überzeugungen enthalten, denen sie nicht zustimmen und die man kritisch einordnen sollte. Ein „Vortrag“ durch die Eltern, egal wie richtig und wichtig der Inhalt ist, hat meist die gegenteilige Wirkung. 
Nehmen Sie Ihr Kind ernst. Die meisten haben bereits sehr früh schon ein gutes Gefühl dafür was gefährlich sein könnte.

Welche konkreten Maßnahmen können Familien ergreifen, um eine gesunde Mediennutzung zu fördern und Mediensucht vorzubeugen? Welche Tipps würdest Du Eltern mitgeben, die dabei Unterstützung suchen?

Gemeinsame Mediennutzung ist meiner Meinung nach der wichtigste Tipp, den ich hier geben kann. Seien Sie offen für die Interessen Ihres Kindes und tauschen Sie sich dazu aus. Es werden oft Inhalte sein, die Sie nicht verstehen. Ihr Kind wird Ihnen jedoch bestimmt erklären warum dieser Inhalt interessant, toll und im Trend ist. 
Ich habe schon sehr mürrische und zurückgezogene Jugendliche aufblühen sehen, wenn man sich für den Inhalt Ihrer Medien interessiert hat. „Endlich hört mal jemand zu, wenn ich davon erzähle.“
Eine Mediensucht entsteht sehr vereinfacht gesagt meist, wenn ein anderes Defizit ausgeglichen werden soll. Wenn Sie in einem guten Kontakt mit Ihrem Kind stehen und beobachten, dass der Medienkonsum in eine ungute Richtung geht (zu viel, zu intensiv, zu verbissen…), dann sprechen Sie das an und fragen nach, ob sonst im Leben Ihres Kindes etwas fehlt. Und wenn Sie das Gefühl haben, dass es schwierig ist den Kontakt zu Ihrem Kind herzustellen, dann wenden Sie sich an eine der Medien-Beratungsstellen. Dort gibt es oft Angebote, die den Austausch zu diesem Thema leichter machen. 

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