Handy für Kinder ab wann? Tipps von Lea Lanzinger
Handy für Kinder ab wann? Diese Frage beschäftigt viele Eltern in einer zunehmend digitalen Welt. Familienbegleiterin Lea Lanzinger betont im Interview, dass nicht das Alter, sondern die emotionale Reife und elterliche Begleitung entscheidend sind. Ein Smartphone sollte als Werkzeug betrachtet werden, das mit Bedacht und gemeinsam mit dem Kind eingeführt wird. Erfahren Sie, wie ein bewusster Umgang mit digitalen Medien im Familienalltag gelingen kann.

Lea Lanzinger
Lea Lanzinger ist Familienbegleiterin und Expertin für bindungs- und bedürfnisorientierte Erziehung.
IG: @mamakindabenteuer
Website: Lea Lanziger
Du zeigst auf deinem Kanal, wie wichtig Naturerfahrungen und bindungsorientierte Erziehung sind.
Wie passt aus deiner Sicht ein eigenes Handy für Kinder in diesen achtsamen Erziehungsstil?
Ein Handy ist kein Tabu, aber auch kein Spielzeug. Es ist ein Werkzeug. Und wie jedes Werkzeug braucht es Reife, Reflexion und Begleitung. In einem achtsamen, bindungsorientierten Alltag geht es nicht um ein entweder oder, sondern um ein bewusstes sowohl als auch. Wenn wir wegkommen vom Schwarz-Weiß-Denken, erkennen wir: Ein Handy in der Natur kann eine wertvolle Ergänzung sein. Pflanzen bestimmen, fotografieren, filmen, Geocaching, gemeinsam Routen planen, all das kann Verbindung vertiefen, statt sie zu stören. Es kann Orientierung geben und die kindliche Neugier liebevoll begleiten. Aber: Es darf ein Werkzeug bleiben, kein Ersatz. Natur, Beziehung und echte Verbindung müssen die Basis bleiben. Erst wenn ein Kind ein stabiles inneres Fundament hat, kann es auch in digitalen Räumen sicher und präsent bleiben, ohne sich zu verlieren. Und genau das ist unsere Aufgabe als Eltern: nicht zu verbieten, sondern vorzuleben, zu begleiten und zu entscheiden, wann es reif genug ist.
Ab wann ist ein eigenes Handy aus deiner Sicht sinnvoll, besonders in einem bindungs- und
bedürfnisorientierten Familienalltag?
Ein Handy braucht keine Altersgrenze, sondern innere Reife. In der Grundschule ist diese oft noch nicht gegeben – nicht, weil Kinder etwas nicht „können“, sondern weil sie emotional und sozial noch mitten im Aufbau sind. Ich glaube nicht, dass ein Handy per se selbstständiger macht. Wirkliche Selbstständigkeit wächst durch Beziehung, Vertrauen und gemeinsames Üben – nicht durch digitale Dauerverbindung. Dennoch: Wenn ein Kind viel alleine unterwegs ist, sollte es erreichbar sein – und sich auch selbst melden können. Für diesen Schritt finde ich Kinder-Smartwatches mit Notruffunktion ideal. Sie bieten Sicherheit, ohne das Kind gleich mit allem Digitalen zu überfordern. Ein sanfter, sinnvoller Einstieg
Wie können Eltern Kinder zu einem sicheren und bewussten Umgang mit dem Handy
begleiten, ohne Kontrolle über Vertrauen zu stellen?
Durch ehrliches Interesse statt versteckter Kontrolle. Kinder spüren sehr fein, ob es um Vertrauen oder Überwachung geht. Wenn wir fragen, zuhören und unsere eigenen Erfahrungen teilen, entsteht ein echtes Miteinander. Es ist eine Chance, Werte zu vermitteln, nicht durch Druck, sondern durch Vorleben. Wenn Kinder erleben, dass auch wir Erwachsene mit Medien reflektiert umgehen, entsteht ein natürlicher Lernraum.
Was hältst du von technischen Kindersicherungs Apps – wo helfen sie, und wo könnten sie der Eigenverantwortung im Weg stehen?
Ich finde: In der heutigen Zeit können diese Tools sehr hilfreich sein – vor allem zu Beginn. Sie geben Orientierung, strukturieren und schützen, besonders wenn das Kind gerade erst anfängt, digitale Räume zu betreten. Für mich sind sie wie Leitplanken auf einer noch schmalen Straße: Am Anfang unterstützend, später eher hinderlich. Aber sie dürfen niemals die einzige Sicherheit sein und schon gar nicht Beziehung ersetzen. Kinder brauchen echte Verbindung, keine Software, um sich sicher zu fühlen. Wenn solche Tools eingesetzt werden, dann nur transparent, gemeinsam mit dem Kind besprochen, nicht heimlich oder über den Kopf hinweg. Und ab einem gewissen Punkt darf man hinterfragen: Braucht es das noch oder kann Vertrauen wachsen? Diese Reflexion gehört genauso dazu wie das Tool selbst. Denn echte Medienkompetenz entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Begleitung.
Welche konkreten Medienregeln habt ihr als Familie und wie vereinbart ihr diese gemeinsam mit euren Kindern?
Wir haben z. B. keinen Fernseher – das war eine bewusste Entscheidung für mehr Präsenz im Alltag. Stattdessen gibt es bei uns Tablets, die wir gemeinsam gestalten: mit kindgerechten Inhalten, klarem Rahmen und dem Blick darauf, was gerade wirklich guttut. Unsere Regeln entstehen im Dialog. Es gibt keinen starren Plan, sondern Orientierung. Wir sprechen regelmäßig über Medienzeit, über Inhalte, über Gefühle dabei – und passen an, wenn sich etwas verändert. Besonders mit drei neurodivergenten Kindern merke ich: Eine Regel passt nicht für alle. Und manchmal brauchen verschiedene Kinder ganz unterschiedliche Wege. Was aber immer gilt: Präsenz kommt vor Bildschirm. Und echte Verbindung hat Vorrang. Medien dürfen da sein, eingebettet, bewusst, als Teil unserer Welt. Aber sie sind nicht der Mittelpunkt. Wir leben vor, dass es im Alltag Platz haben, digitale Impulse aber vor allem echte Begegnung.