Bildschirmzeit bei Kindern: Zwischen Kontrolle, Vertrauen
und Verbindung

Wie viel Bildschirmzeit für Kinder ist eigentlich zu viel? Diese Frage beschäftigt unzählige Eltern täglich – besonders wenn das eigene Kind scheinbar stundenlang am Smartphone hängt. Im Interview mit Katherine Zimmermann, Medienmentorin und Autorin auf medienmentorin.de, haben wir darüber gesprochen, wie Familien Bildschirmzeit sinnvoll gestalten können. Ihr Ansatz: weniger Kontrolle, mehr Beziehung – und vor allem: Vertrauen statt Verbote.

Katharine Zimmerann

Schwerpunkte: Digitale Erziehung, Bildschirmzeit, Familienberatung, Medienkompetenz für Kinder

Website: www.medienmentorin.de
Instagram: @medienmentorin

Wie viel Bildschirmzeit ist eigentlich zu viel? Diese Frage beschäftigt viele Eltern täglich, wieder und wieder. Besonders, wenn das eigene Kind scheinbar stundenlang im Smartphone versinkt oder auf TikTok versumpft. Katherine Zimmermann, Medienmentorin und Autorin bei medienmentorin.de, kennt diese Sorgen aus ihrer täglichen Arbeit mit Familien.

Denn es geht weniger um Zahlen als um Beziehungen. Bildschirmzeit lässt sich nicht sinnvoll mit der Stoppuhr messen. Viel wichtiger ist, wie Medien in den Familienalltag eingebettet werden. Und vor allem muss man differenzieren, ob die Screentime verbindet oder daraus Konflikte entstehen.

Bildschirmzeit gemeinsam gestalten: Vom Konfliktpotenzial zur Familienzeit

Katherine rät zu einem neuen Blick auf Bildschirmzeit. Wenn Eltern mit ihren Kindern gemeinsam einen Film schauen, ein Spiel ausprobieren oder sich von einem Bastelvideo inspirieren lassen, ist das keine verlorene Zeit. Es ist Familienzeit. Und genau darum geht es: Medien dürfen verbinden, wenn sie bewusst genutzt werden.

Wird Medienzeit pauschal als „schlecht“ angesehen, entstehen Spannungen, Druck und ein Klima der Kontrolle. Besser: gemeinsam konsumieren, Fragen stellen, Interessen ernst nehmen – auch wenn es schwerfällt, sich in TikTok-Challenges hineinzuversetzen. Kinder merken sehr genau, ob ihre Mediennutzung respektiert oder verurteilt wird.

Regeln mit Augenmaß: Selbstregulation statt starre Grenzen

Statt auf offizielle Richtwerte zur Mediennutzung starren, empfiehlt Katherine Eltern, auf die eigene Familiendynamik zu achten. Natürlich braucht es Grenzen, gerade für kleinere Kinder. Aber viel wichtiger als fixe Minutenangaben ist die Fähigkeit zur Selbstregulation.

Diese Fähigkeit lernen Kinder nicht von heute auf morgen. Sie beginnt bei einfachen Handlungen im Vorschulalter, etwa wenn das Kind selbst den Fernseher ausschalten darf. Später, im Jugendalter, geht es dann darum, zu erkennen, wann die Zeit am Bildschirm genug ist: ohne Zwang, sondern aus einem inneren Bewusstsein heraus. Und ja, viele Erwachsene haben das auch noch nicht ganz gelernt.

Technische Hilfsmittel wie Bildschirmzeit Apps oder Filterfunktionen können eine wertvolle Unterstützung sein. Besonders in stressigen Phasen entlasten sie Eltern. Doch Katherine betont: „Sie ersetzen nicht das Gespräch.“ Nur wer regelmäßig mit seinem Kind über Medien spricht, schafft die Grundlage für nachhaltige Medienkompetenz.

Bildschirmzeit Pausen: Konzentration und Alltag in Balance bringen

Ein weiteres Thema, das Eltern häufig beschäftigt: Konzentration. Hausaufgaben, Bastelstunden oder Familienmahlzeiten scheitern oft daran, dass das Smartphone stört. Hier helfen einfache Regeln: Das Handy muss nicht weggenommen werden. Es reicht oft, wenn es außerhalb der Sichtweite liegt. Störungen durch Töne und Pushnachrichten lassen sich über Geräteeinstellungen reduzieren. Fokuszeiten lassen sich auch mit Apps oder einem simplen Wecker kindgerecht gestalten.

Wichtig ist dabei: Kinder müssen wissen, dass sie in dieser Zeit nichts verpassen. Katherine spricht von der „Fear of Missing Out“, die viele Kinder (und Erwachsene) kennen. Eine klare Struktur, ein ruhiger Arbeitsplatz oder einfache Rituale helfen, um Konzentration zu fördern, ohne auf rigide Technikverbote zu setzen.

Vertrauen statt Verbote: Warum Eltern nicht perfekt sein müssen

Ein Gedanke zieht sich durch das ganze Gespräch mit Katherine Zimmermann: Elternschaft heißt nicht Perfektion. Eltern dürfen müde sein. Sie dürfen Medien auch mal „zur Beruhigung“ nutzen. Wichtig ist nur, dass daraus kein Dauerzustand wird und dass es Alternativen gibt: Spaziergänge, Vorlesen, Gesellschaftsspiele, kreative Mediennutzung.

Wer Mediennutzung als normalen Teil des Familienalltags begreift, nimmt ihr das Tabu und damit die Rebellion. Kinder, die in einem offenen Klima aufwachsen, lernen viel eher, mit Medien reflektiert umzugehen. Katherine fasst es treffend zusammen:

„Je normaler das Thema Medien im Alltag ist, desto besser lernen Kinder,
sich selbst zu regulieren.“

Die wichtigsten Tipps für eine gesunde Bildschirmzeit für Kinder

  • Gemeinsame Medienzeit ist Familienzeit. Das ist nicht automatisch negativ.
  • Eltern sollten sich weniger an Zeitvorgaben, mehr an Wirkung orientieren.
  • Offenes Gespräch statt Verbot: Kinder brauchen Orientierung, keine Angst.
  • Selbstregulation wird gelernt: früh anfangen und mit gutem Beispiel vorangehen.
  • Technik hilft, ersetzt aber nicht die Verantwortung der Eltern.
  • Für Konzentration helfen medienfreie Zeiten und ein ruhiger Arbeitsplatz.
  • Mediennutzung soll ein alltägliches, normales Thema sein und sollte nicht aufgeladen oder tabuisiert.
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